Liebe Brüder und Schwestern, heute mag sich jeder von uns fragen: „Bin ich ein Christ, der anbetet?“ Viele Christen, die beten, wissen nicht, wie man anbetet. Stellen wir uns diese Frage. Finden wir in unserem Tagesablauf Zeit für die Anbetung und geben wir der Anbetung in unseren Gemeinden Raum.
Papst Franziskus, 6. Januar 2020.
Gott ist dabei, seine Kirche von innen her zu erneuern, indem er immer mehr Menschen durch die Eucharistie und die Anbetung an sein Herz zieht und ihnen die Erfahrung seiner
Liebe schenkt. Wer immer wieder Zeit bei Jesus verbringt, lernt ihn kennen. Und das, was er dabei erfährt, behält er nicht für sich, sondern er muss weitergeben, was er gefunden hat.
Papst Benedikt XVI. 2006, Altötting
“Die Kirche und die Welt haben die Verehrung der Eucharistie sehr nötig. In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um Ihm dort zu begegnen. Die grosse Macht der Ewigen Anbetung des Allerheiligsten Sakramentes ist der beste, sicherste und effektivste Weg, um einen dauerhaften Frieden auf der Erde zu stiften.“
(Papst Johannes Paul II., Brief „Dominicae cenae“ über „Mysterium und Kult der Eucharistie“ vom 14. Februar 1980)
“Willst Du wissen wie sehr Gott die Welt geliebt hat?
Schau auf das Kreuz.
Willst Du wissen, wie sehr er Dich heute liebt?
Schau auf die Eucharistie.”
(Mutter Teresa v. Kalkutta)
Die Weise der Gegenwart Christi unter den eucharistischen Gestalten ist einzigartig.
Im heiligsten Sakrament der Eucharistie ist „wahrhaft, wirklich und substanzhaft der Leib und das Blut zusammen mit der Seele und Gottheit unseres Herrn Jesus Christus und daher der ganze Christus enthalten“ (K. v. Trient: DS 1651). …in ihr wird nämlich der ganze und unversehrte Christus, Gott und Mensch, gegenwärtig.“
(Katechismus der Katholischen Kirche 1374)
Es hat einen tiefen Sinn, dass Christus in dieser einzigartigen Weise in seiner Kirche gegenwärtig bleiben wollte. Weil Christus seiner sichtbaren Gestalt nach die Seinen
verließ, wollte er uns seine sakramentale Gegenwart schenken; weil er sich am Kreuz darbrachte, um uns zu retten, wollte er, dass wir das Zeichen des Gedächtnisses der Liebe bei uns haben, mit der er uns „bis zur Vollendung“ liebte (Joh 13,1), bis zur Hingabe seines Lebens. In seiner eucharistischen Gegenwart bleibt er geheimnisvoll in unserer Mitte als der, welcher uns geliebt und sich für uns hingegeben hat, und er bleibt unter den Zeichen gegenwärtig, die diese Liebe zum Ausdruck bringen und mitteilen.
(Katechismus der Katholischen Kirche 1380)
Vergangenheit – Zukunft – Gegenwart: Das erleben wir in der Eucharistie. Wir erinnern uns, was Gott getan hat, und schauen auf das, was er tun wird, bis er kommt in Herrlichkeit. Das wird jetzt gegenwärtig. Ganz gewiss ist der Herr jetzt da. … Da ist eine Atmosphäre tiefen Vertrauens, nicht Angst vor Gott, sondern Zuversicht in die Treue Gottes.
(Schönborn, Eucharistie, S. 23)
Versucht, euch dem eucharistischen Christus gegenüber so zu verhalten, wie Er sich uns gegenüber verhält: Er schenkt sich unentgeltlich selbst. Macht vor dem Tabernakel halt, allein, ohne besonderen Grund, auch ohne etwas zu sagen, einfach in seiner Gegenwart verweilend und die äusserste Geste der Liebe betrachtend, die das konsekrierte Brot enthält. Lernt, mit Ihm zu sein, um wie Er lieben zu können.
(Johannes Paul II., Ansprache bei der Begegnung mit den Jugendlichen auf der Piazza della Fiera am 30. April 1995)
“Das betrachtende Gebet verlängert die Kommunion und ermöglicht jedem, Christus, dem wahren Gott und wahrem Menschen, in einer dauerhafteren Weise zu begegnen. Jeder kann sich von ihm anschauen lassen und seine Gegenwart erfahren. Wenn wir ihn betrachten gegenwärtig im Allerheiligsten Altarsakrament, zieht uns Christus nahe zu sich und wird uns mehr vertraut als wir uns selber sind. Er gewährt uns Anteil an seinem göttlichen Leben in einer verwandelnden Einheit und gibt uns im Geist Zugang zum Vater, wie er selbst zu Philippus gesagt hat: “Wer mich sieht, sieht den Vater” (Joh 14,9).”
(Johannes Paul II. – zum 750. Jubiläum der Einführung des Fronleichnamfestes)
“Die Eucharistie und ihre Gemeinschaft wird umso gefüllter sein, je mehr wir im stillen Beten vor der eucharistischen Gegenwart des Herrn uns selbst auf ihn bereiten und wahrhaft Kommunizierende werden. Solches Anbeten ist ja immer mehr als Reden mit Gott im allgemeinen. Dagegen könnte sich dann mit Recht der immer wieder zu hörende Einwand richten: Ich kann ja auch im Wald, in der freien Natur beten. Gewiss kann man das. Aber wenn es nur dies gäbe, dann läge die Initiative des Betens allein bei uns; dann wäre Gott ein Postulat unseres Denkens – ob er antwortet, antworten kann und will, bliebe offen. Eucharistie bedeutet: Gott hat geantwortet: Eucharistie ist Gott als Antwort, als antwortende Gegenwart. Nun liegt die Initiative des Gott-Mensch-Verhältnisses nicht mehr bei uns, sondern bei ihm, und so erst wird es wirklich ernst. Deshalb erreicht das Gebet im Raum der eucharistischen Anbetung eine völlig neue Ebene; erst jetzt ist es zweiseitig und so erst jetzt wirklicher Ernstfall. Ja, es ist nun nicht nur zweiseitig, sondern allumfassend: Wenn wir in der eucharistischen Gegenwart beten, sind wir nie allein. Dann betet immer die ganze eucharistiefeiernde Kirche mit. Dann beten wir im Raum der Erhörung, weil wir im Raum von Tod und Auferstehung beten, also dort, wo die eigentliche Bitte in all unseren Bitten erhört ist: die Bitte um die Überwindung des Todes; die Bitte um die Liebe, die stärker ist als der Tod. In diesem Beten stehen wir nicht mehr vor einem erdachten Gott, sondern vor dem Gott, der sich uns wirklich gegeben hat; vor dem Gott, der Kommunion geworden ist für uns und der so uns selbst aus der Grenze zur Kommunion befreit und zur Auferstehung führt. Solches Beten müssen wir neu suchen.”
(Joseph Kardinal Ratzinger, Gott ist uns nah, Augsburg 2001, S. 75ff)
Aber was bedeutet eigentlich “anbeten”? Unter den verschiedenen Gebetsformen – Lobpreis, Dank, Bitte – ist die Anbetung die intensivste. In der Anbetung sieht der Mensch völlig von sich ab und schaut nur noch auf Gott. Das Geschöpf begegnet seinem Schöpfer, der Erlöste Seinem Retter. Dabei wird der Anbeter mit Demut und Zuversicht erfüllt: mit Demut, weil er seine Ohnmacht vor dem Allmächtigen eingesteht, und mit Zuversicht, weil er von Gott alles Heil erwarten darf.
Eine wesentliche Weise des Mitseins mit dem Herrn ist die eucharistische Anbetung. […] Der Herr erzählt uns in einem seiner Gleichnisse von dem im Acker verborgenen Schatz; wer ihn gefunden hat, sagt er uns, verkauft alles, um den Acker erwerben zu können, weil der versteckte Schatz alle anderen Werte übertrifft. Der verborgene Schatz, das Gut über alle Güter, ist das Reich Gottes – ist er selbst, das Reich in Person. In der heiligen Hostie ist er da, der wahre Schatz, für uns immer zugänglich. Im Anbeten dieser seiner Gegenwart lernen wir erst recht, ihn zu empfangen; lernen wir das Kommunizieren, lernen wir die Feier der Eucharistie von innen her.
(Benedikt XVI., 11. September 2006, Altötting)
“Jeder von uns hat in seinem Leben bewusst und vielleicht manchmal unbewusst eine ganz genaue Reihenfolge der Dinge, die er für mehr oder weniger wichtig hält. Den Herrn anzubeten bedeutet, ihm den Platz zu geben, der ihm gebührt. Den Herrn anzubeten bedeutet, zu sagen und zu glauben – aber nicht nur mit Worten –, dass er allein wirklich unser Leben lenkt. Den Herrn anzubeten bedeutet, dass wir vor ihm die Überzeugung gewinnen, dass er der einzige Gott, der Gott unseres Lebens, der Gott unserer Geschichte ist. Das hat eine Konsequenz in unserem Leben: uns der vielen kleinen und großen Götzen zu entäußern, die wir haben und zu denen wir Zuflucht nehmen, in denen wir unsere Sicherheit suchen und diese häufig auf sie setzen. Es sind Götzen, die wir oft gut versteckt halten; es kann Ehrgeiz sein, Karrieremacherei, Freude am Erfolg, sich selbst ins Zentrum zu setzen, die Neigung, sich gegen andere durchzusetzen, die Anmaßung, die einzigen Herren unseres Lebens zu sein, irgendeine Sünde, an der wir hängen, und vieles andere. Heute Abend möchte ich, dass eine Frage im Herzen eines jeden von uns aufsteige und dass wir sie ehrlich beantworten: Habe ich darüber nachgedacht, welchen verborgenen Götzen ich in meinem Leben habe, der mich daran hindert, den Herrn anzubeten? Anbeten bedeutet, uns unserer Götzen zu entäußern, auch der heimlichsten, und den Herrn als Mitte, als den Leitweg unseres Lebens zu wählen. Liebe Brüder und Schwestern, der Herr ruft uns jeden Tag, ihm mutig und treu zu folgen. Er hat uns das große Geschenk gemacht, uns als seine Jünger zu erwählen; er sendet uns, ihn freudig als den Auferstandenen zu verkünden, doch er verlangt von uns, das durch das Wort und durch das Zeugnis unseres Lebens zu tun, im Alltag. Der Herr ist der Eine, der einzige Gott unseres Lebens, und er lädt uns ein, uns unserer vielen Götzen zu entäußern und ihn allein anzubeten. Verkünden, bezeugen, anbeten.” (Franziskus, 14.04.2013)
„Rede Herr, denn dein Diener hört!“ (1 Sam 3,9) So lehrt der Hohepriester Eli
seinen Schüler Samuel dem Herrn zu antworten, als er seinen Ruf vernahm.
Manchmal ist es gut, wenn wir beim Beten auch einmal den Mund halten und –
hören!
Bei allem Bemühen um ein gutes Beten kann uns die Aussage des dänischen
Philosophen und Theologen Sören Kierkegaard richtungsweisend sein. Er
bekennt von sich:
„Als mein Gebet immer andächtiger und innerlicher wurde, da hatte ich immer
weniger und weniger zu sagen. Zuletzt wurde ich ganz still. Ich wurde, was
womöglich noch ein größerer Gegensatz zum Reden ist, ich wurde ein Hörer.
Ich meinte erst, Gebet sei Reden. Ich lernte aber, dass Beten nicht bloß
Schweigen ist, sondern Hören.
So ist es: Beten heißt nicht sich selbst reden hören, Beten heißt still werden und
still sein und warten, bis der Betende Gott hört.“
Die Eucharistische Anbetung vor dem Allerheiligsten Altarsakrament ausgesetzt
in einer Monstranz ermöglicht uns dieses passive, hörende Beten. Wenn wir für
eine längere Zeit schweigend ausharren, können wir einen liebenden Blickkon-
takt mit Jesus aufnehmen.
„Ich schaue ihn an und er schaut mich an.“ – so hat es Jean-Louis Chaffangeon,
der Bauer aus Ars, einst so klassisch formuliert. Wir treten in den Blick der
Liebe Gottes. Der aus Liebe Gekreuzigte schaut uns an. Sein Blick durchdringt
unser Herz. Er heilt, er verwandelt, er liebt. Im liebenden Blick vernimmt die
Seele die Worte des Geliebten.
Am Anfang ist noch alles laut, doch alles was in uns unruhig ist, darf sein und
darf heraus. Im Angesicht dessen, der uns liebt, können wir alles ablegen:
„Werft alle eure Sorge auf den Herrn, er kümmert sich um euch.“ (1 Petr 5,7)
Wo sonst kann ich mich in dieser lauten und stressbeladenen Zeit so einfach
erleichtern. Alles was ich mit Jesus geteilt habe, trägt er mit mir.
Im Schweigen klären sich meine Fragen und Zweifel, ich erfahre Nähe und
Trost und gehe viel gelassener und froher zurück in meinen Alltag.
Die Hl. Mutter Teresa von Kalkutta hat einmal formuliert:
„Nirgends bist du mehr geliebt und mehr willkommen als hier und die größten
Momente unseres Lebens sind jene, die wir in der Gegenwart der Eucharistie
verbringen.“
Jesus braucht keine Nachtruhe und auch keinen Mittagsschlaf. Er ist immer be-
reit, uns zu beschenken. Daher macht es auch Sinn, ihm ohne Unterbrechung
(24/7) die Gelegenheit zu geben, seine Gnaden über uns auszuschütten.
Gönnen wir uns die Anbetung. Gönnen wir uns das Schweigen in der Gegen-
wart des Herrn. Lassen wir uns lieben. Jesus wartet auf uns.
Anbeten bedeutet auf das erste Gebot zu antworten: „Den Herrn, deinen Gott, sollst du anbeten und ihm allein dienen.“(Mt 4,10)
Die Zärtlichkeit Gottes erfahren
„Es ist schön, bei ihm zu verweilen und wie der Lieblingsjünger an seine Brust gelehnt (vgl. Joh 13,25), von der unbegrenzten Liebe seines Herzens berührt zu werden.“
(hl. Papst Johannes Paul II., Ecclesia de Eucharistia 25, 2003)
Evangelisierer werden
„Für die Evangelisation der Welt bedarf es der Apostel, die der Feier, der Verehrung und der Anbetung der Eucharistie „kundig“ sind.“
(hl. Papst Johannes Paul II., Botschaft zum Weltmissionssonntag 2004, Nr. 3)
Die großen Mängel der Welt ausgleichen
„Die Kirche und die Welt haben die Verehrung der Eucharistie sehr nötig. In diesem Sakrament der Liebe wartet Jesus selbst auf uns. Keine Zeit sei uns dafür zu schade, um ihm dort zu begegnen: in der Anbetung, in einer Kontemplation voller Glauben, bereit, die große Schuld und alles Unrecht der Welt zu sühnen. Unsere Anbetung sollte nie aufhö-
ren“.
(hl. Papst Johannes Paul II., Brief „Dominicae cenae“ 3)
Ein Dienst für die Menschheit tun
„Durch die Anbetung trägt der Christ auf geheimnisvolle Weise bei zur radikalen Verwandlung der Welt und zur Aussaat des Evangeliums. Jeder, der zum Erlöser betet, zieht die ganze Welt mit ihm und erhebt sie zu Gott. Jene, die vor dem Herrn stehen, erfüllen daher einen eminent wichtigen Dienst. Sie stellen all jene hin vor Christus, die ihn nicht ken-
nen oder weit von ihm entfernt sind.“
(hl. Papst Johannes Paul II., Brief an Bischof Albert Houssiau von Lüttich Nr. 5, 1996)
Die Messe verlängern
„Der Akt der Anbetung außerhalb der heiligen Messe verlängert und intensiviert, was in der liturgischen Feier selbst getan wurde: Nur im Anbeten kann tiefes und wahres Empfangen reifen. Und gerade in diesem persönlichsten Akt der Begegnung mit dem Herrn reift dann auch die soziale Sendung, die in der Eucharistie enthalten ist und nicht nur die Grenze zwischen dem Herrn und uns, sondern vor allem auch die Grenzen aufreißen will, die uns
voneinander trennen.“
(Papst Benedikt XVI., Sacramentum Caritatis 66, 2007)
Sich auf die Ewigkeit vorbereiten
„Viele Male denke ich, dass wir es unser Volk nicht lehren, anzubeten:… Das Gebet der Anbetung, das Gebet, das uns entäußert, ohne uns zu vernichten: in der Entäußerung der Anbetung gibt es uns Adel und Größe. Und heute ergreife ich die Gelegenheit, um euch … zu sagen: lehrt das Volk, in Stille anzubeten. Es ist notwendig, bereits jetzt das zu lernen,
was wir im Himmel tun werden: anbeten.“
(Papst Franziskus in einer Predigt am 5. Februar 2018 in St. Martha)
Das beste Heilmittel gegen den Götzendienst
„Den Gott Jesu Christi anzubeten, der sich aus Liebe zum gebrochenen Brot gemacht hat, ist das wirksamste und radikalste Heilmittel gegen die Götzendienste von gestern und heute. Das Niederknien vor der Eucharistie ist Bekenntnis der Freiheit: Wer sich vor Jesus niederkniet, kann und darf sich vor keiner noch so starken irdischen Macht niederwerfen. Wir Christen knien nur vor dem Allerheiligsten Sakrament, weil wir wissen und glauben, dass in ihm der einzige wahre Gott gegenwärtig ist, der die Welt geschaffen und so sehr geliebt hat, dass er seinen einzigen Sohn hingab (vgl.Joh 3,16).“
(Papst Benedikt XVI., Predigt zu Fronleichnam 2008)
Die eigene Sehnsucht stillen
„Der Herr ist im Tabernakel gegenwärtig mit Gottheit und Menschheit. Er ist da, nicht seinetwegen, sondern unseretwegen: weil es seine Freude ist, bei den Menschen zu sein. Und weil er weiß, dass wir, wie wir nun einmal sind, seine persönliche Nähe brauchen. Die Konsequenz ist für jeden natürlich Denkenden und Fühlenden, dass er sich hingezogen fühlt und dort ist, sooft und solange er darf.“
(hl. Edith Stein in einem Brief)
Gottes Führung erfahren
„Lieben wir es, beim Herrn zu sein. Da können wir alles mit ihm bereden. Unsere Fragen, unsere Sorgen, unsere Ängste, unsere Freuden, unsere Dankbarkeit, unsere Enttäuschungen, unsere Bitten und Hoffnungen.“
(Benedikt XVI. in seiner Predigt bei der Vesper in Altötting, 11. September 2006)
Kein Luxus – eine Priorität
Die Anbetung ist nicht etwa „ein Luxus, sondern eine Priorität“. Christus suchen muss die beständige Sehnsucht der Christen sein, der Jugendlichen und der Erwachsenen, der Gläubigen und ihrer Hirten. Zu dieser Suche muss ermutigt, sie muss unterstützt und geleitet werden. Der Glaube besteht nicht einfach in der Übernahme eines in sich vollständigen Dogmengefüges, das den in jeder Menschenseele vorhandenen Durst nach Gott auslöschen würde. Im Gegenteil: Er führt den durch die Zeit pilgernden Menschen zu einem Gott, der in seiner Unendlichkeit immer neu ist. Daher ist der Christ zugleich Suchender und Findender, und gerade dies macht die Kirche jung, offen für die Zukunft und reich an Hoffnung für die ganze Menschheit.
(Benedikt XVI., Angelus, 28. August 2005)
(…) Wer auf die Eucharistie blickt, sieht vor seinem geistigen Auge das Herz des Herrn, das am Kreuz durchbohrt wurde und aus dem Blut und Wasser fließen. Immerfort ist diese Kraft des Blutes Jesu für uns verfügbar. Immer ist der Herr bereit, seinen Heiligen Geist sichtbar durch das aus seinem Herzen strömende Wasser auszugießen. Wir haben eine wunderbare Chance, wirksam um den Heiligen Geist zu bitten. Das Wasser, das aus dem Herzen Jesu strömt, symbolisiert den Heiligen Geist. Wie es ohne Wasser kein Leben gibt, so gibt es kein Leben ohne den Heiligen Geist. Er ist der Lebensspender. Er schenkt uns das Wunder der Wandlung von Brot in den Leib Jesu. Es gibt darum keine geeignetere und bessere Gelegenheit als die Anbetung, um den Herrn auf mich und auf die ganze Welt herabzurufen. Und wir dürfen dabei unserer kranken Welt die heilenden Strahlen der ganzen Welt mitbringen. Geben wir unseren Glauben, unsere Hoffnung und unsere Liebe, unsere Anbetung stellvertretend für alle dem eucharistischen Herrn entgegen, die die Liebe Gottes noch nicht kennen und für alle, die Unrecht und große Schuld auf sich geladen haben. Die Anbetung ist die höchste Form des Apostolates. Und vergessen wir nicht: Gott will uns in der Anbetung etwas sagen, das nur er uns sagen kann und auf eine Art, die nur er kennt. Dafür aber müssen wir seine eucharistische Gegenwart suchen und in ihr verbleiben. (Kardinal Meisner, 1.11.2014)
Wir beten niemals alleine
(…) Der Herr selbst hat der hl. Gertrud von Helfta gesagt: „Ich liebe dich mit all deinen Zerstreuungen und in all deiner Trockenheit. Ich liebe dich am meisten in deiner Armut und Demut“. Wenn wir vor dem Herrn in der Monstranz gegenwärtig sind, ist Maria neben uns und sind die Engel Gottes um uns gegenwärtig. Wo der Herr ist, dort ist immer Maria dabei. Sie kniet mit uns vor ihm in der Monstranz. Darum habe ich hier eine Marienikone aufstellen lassen. Sie hilft uns aus der Gedankenlosigkeit und Zerstreutheit in die Stille, Sammlung und Geduld. (…) (Kardinal Meisner, 1.11.2014)
Begegnung mit unserem Retter und Erlöser
(…) Hier im allerheiligsten Sakrament des Altares steht uns unser Retter und Erlöser vor Augen. Das ist eine objektive Wirklichkeit, aber sie gilt auch ganz persönlich für mich. Der Apostel Paulus schreibt an die Galater: Er hat „mich geliebt und sich für mich hingegeben“ (Gal 2,20). Vor der Monstranz in der Anbetung haben wir Gelegenheit, unsere Dankbarkeit und Freude über unsere persönliche Erlösung durch das Leiden Christi zu erfahren und zu vertiefen. Die typische Haltung vor der Monstranz ist die Haltung der Dankbarkeit. Heiligkeit besteht nicht in erster Linie darin, viele Aktivitäten zu setzen, sondern vor allem in einer Verfassung des Herzens. Dankbarkeit sollte der Wesenszug meines Herzens sein. Die Eucharistie, die Danksagung, ist das Herzensgebet der Kirche. Die hl. Edith Stein sagt dazu: „Meine Gebete sind stets sehr einfach gewesen. Dankbarkeit war das Beste darin“. (…) (Kardinal Meisner, 1.11.2014)
Gott immer wieder unser „Ja“ geben
Wir gehen zum Tabernakel und sagen das „Ja“ zu ihm: zu seinen Worten, zu seinem Leben, zu seiner Gnade. Wir brauchen ihm weiter nichts zu sagen, nur dieses eine Wort: „Ja“. Alles andere weiß er schon. Es muss aber ein ehrliches „Ja“ sein, ohne Klausel und ohne Hintertürchen. Was er nachher tun wird, bleibt ihm überlassen. In diesem unbedingten „Ja“ vor dem Tabernakel finden wir die rechte Haltung vor Gott.
(Kardinal Meisner, 21.02.2013)
“[…] Wir sehen, daß in unserer reichen westlichen Welt Mangel herrscht. Vielen Menschen mangelt es an der Erfahrung der Güte Gottes. Zu den etablierten Kirchen mit ihren überkommenen Strukturen finden sie keinen Kontakt. Warum eigentlich? Ich denke, dies ist eine Frage, über die wir sehr ernsthaft alle nachdenken müssen. Sich um sie zu kümmern, ist die Hauptaufgabe des Päpstlichen Rates für die Neuevangelisierung. Aber sie geht natürlich uns alle an. Lassen Sie mich hier einen Punkt der spezifischen Situation in Deutschland ansprechen. In Deutschland ist die Kirche bestens organisiert. Aber steht hinter den Strukturen auch die entsprechende geistige Kraft – Kraft des Glaubens an den lebendigen Gott? Ich denke, ehrlicherweise müssen wir doch sagen, daß es bei uns einen Überhang an Strukturen gegenüber dem Geist gibt. Und ich füge hinzu: Die eigentliche Krise der Kirche in der westlichen Welt ist eine Krise des Glaubens. Wenn wir nicht zu einer wirklichen Erneuerung des Glaubens finden, wird alle strukturellen Reformen wirkungslos bleiben.
Aber kommen wir zurück zu den Menschen, denen die Erfahrung der Güte Gottes fehlt. Sie brauchen Orte, wo sie ihr inneres Heimweh zur Sprache bringen können. Und hier sind wir gerufen, neue Wege der Evangelisierung zu finden. Ein solcher Weg können kleine Gemeinschaften sein, wo Freundschaften gelebt und in der regelmäßigen gemeinsamen Anbetung vor Gott vertieft werden. Da sind Menschen, die an ihrem Arbeitsplatz und im Verbund von Familie und Bekanntenkreis von diesen kleinen Glaubenserfahrungen erzählen und so eine neue Nähe der Kirche zur Gesellschaft bezeugen. Ihnen zeigt sich dann auch immer deutlicher, daß alle dieser Nahrung der Liebe bedürfen, der konkreten Freundschaft untereinander und mit dem Herrn. Wichtig bleibt die Rückbindung an den Kraftstrom der Eucharistie, denn getrennt von Christus können wir nichts vollbringen (vgl. Joh 15,5).
Liebe Schwestern und Brüder, möge der Herr uns stets den Weg weisen, gemeinsam Lichter in der Welt zu sein und unseren Mitmenschen den Weg zur Quelle zu zeigen, wo sie ihr tiefstes Verlangen nach Leben erfüllen können. Ich danke Ihnen.”
Benedikt XVI., Freiburg, 24.09.2011, Rede vor dem ZdK
Persönliches Zeugnis von Papst Franziskus
„Ich bete jeden Morgen das Offizium. Ich bete gern mit den Psalmen. Dann feiere ich die Messe. Ich bete den Rosenkranz. Was ich aber vorziehe, ist die abendliche Anbetung – auch wenn ich zerstreut bin oder an anderes denke oder sogar beim Beten einschlafe. Also abends von sieben bis acht bin ich vor dem Allerheiligsten für eine Stunde der Anbetung. Aber ich bete auch im Geist, wenn ich beim Zahnarzt warte oder bei anderen Gelegenheiten am Tag.“
(Papst Franziskus, Interview mit Antonio Spadaro SJ vom 21.09.2013)
Persönliches Zeugnis von Johannes Paul II.
“Es ist schön, bei ihm zu verweilen und wie der Lieblingsjünger, der sich an seine Brust lehnte (vgl. Joh 13,25), von der unendlichen Liebe seines Herzens berührt zu werden. Wenn sich das Christentum in unserer Zeit vor allem durch die „Kunst des Gebetes“ auszeichnen soll, wie könnte man dann nicht ein erneuertes Verlangen spüren, lange im geistlichen Zwiegespräch, in stiller Anbetung, in einer Haltung der Liebe bei Christus zu verweilen, der im Allerheiligsten gegenwärtig ist? Wie oft, meine lieben Brüder und Schwestern, habe ich diese Erfahrung gemacht, und daraus Kraft, Trost und Stärkung geschöpft!“
(Johannes Paul II. Enzyklika “ECCLESIA DE EUCHARISTIA”, Nr. 25)
(Auszug einer Stellungnahme von Bischof Oster)
Ich glaube, weil ich überzeugende Menschen des Glaubens kennenlernen durf-
te und weil ich die Wahrheit von der erlösenden Gegenwart Jesu selbst erlebt
habe. Sie hat mein Leben verändert. Ich engagiere mich in der Kirche, weil ich
sie glaube als von Gott erwählter Wohnort seiner Gegenwart. Ich will in der
Kirche Gott verherrlichen und wünsche mir, dass möglichst viele Menschen
durch den Dienst der Kirche berührt werden von der liebenden und befreien-
den Gegenwart des Herrn. Deshalb auch ist für mich die so genannte Realprä-
senz das alles entscheidende Thema für unsere Kirche. Es geht nicht einfach nur
um eine Botschaft des Evangeliums in Worten. Vielmehr ist die gute Botschaft
die, dass der Herr selbst tatsächlich anwesend ist, dass er liebt, dass er vergibt
– und dass er mit seiner Liebe uns und die Welt verändern will. Eine Antwort
darauf, ein Vertrauen-können, dass er wirklich da ist, erlöst und befreit uns. Und
sie befähigt uns mehr und mehr zu einer Liebe, die der Seinen ähnlicher wird.
Die grundlegende Krise der Kirche liegt daher aus meiner Sicht in der von
sehr vielen erlebten und von sehr vielen auch geglaubten grundsätzlichen Ab-
wesenheit Gottes. Das hat zur Folge, dass sich das Evangelium häufi g nur mehr
auf bloße Worte, Sätze und Gedanken reduziert. Wenn es so ist, dann hat das
Evangelium auch keine existenziellen, verändernden Auswirkungen mehr auf
unsere Menschenherzen. Auch die Krise, die durch die Erkenntnis des Aus-
maßes von sexuellem Missbrauch über uns gekommen ist, hängt aus meiner
Sicht – neben anderen Faktoren – in der Tiefe mit einer faktisch geglaubten
oder erlebten Abwesenheit Gottes zusammen. Wenn also die Mystik fehlt, das
heißt, die Erschließung von Erfahrungsdimensionen von Jesu Anwesenheit, re-
duziert sich Kirche notwendig auf Moral oder einen bloßen Humanismus der
Nettigkeit oder auf den Versuch des Relevanzgewinns durch bloß strukturelle
Veränderungen. Oder schlimmer noch: Entleerter Glaubensinhalt und Struktur
werden benutzt und missbraucht, um nur mehr Eigeninteressen zu verfolgen.
Quelle: https://stefan-oster.de/realpraesenz-sakramentalitaet-und-der-synodale-weg-in-deutschland-ein-aufsatz-in-der-communio/20220902_oster-synodaler-weg-communio/
Die Praxis der eucharistischen Anbetung
Gemeinsam mit der Synodenversammlung empfehle ich darum den Hirten der Kirche und dem Gottesvolk von Herzen die eucharistische Anbetung, sei es allein oder in Gemeinschaft. [194] In diesem Zusammenhang wird eine angemessene Katechese von großem Nutzen sein, in der den Gläubigen die Bedeutung dieses kultischen Aktes erklärt wird, der es ermöglicht, die liturgische Feier an sich tiefer und fruchtbringender zu erleben. Im Bereich des Möglichen sollten dann vor allem in den bevölkerungsreicheren Gebieten Kirchen oder Oratorien bestimmt und eigens für die ewige Anbetung bereitgestellt werden. Außerdem empfehle ich, den Kindern im katechistischen Unterricht und besonders in den Vorbereitungskursen zur Erstkommunion den Sinn und die Schönheit des Verweilens bei Jesus nahezubringen und das Staunen angesichts seiner Gegenwart in der Eucharistie zu pflegen.
(Benedikt XVI., Sacramentum Caritatis, Nr. 67)